Im Interview: Steffen Vollert über VS Archives

Ein 348 Seiten dicker Bildband aus den Archiven von Steffen Vollert. Wow. Wenn du dich ein bisschen mit Wakeboarden auskennst, sollte das schon Grund genug sein sofort auf „bestellen“ zu drücken. Wir haben uns trotzdem mit Steffen hingesetzt und wollten mehr über den Prozess erfahren. Los geht’s.

Hi Steffen, gib uns erstmal die Hard-Facts. Was hat es mit deinem Buch auf sich?
VS Archives ist ein Bildband mit 348 Seiten, hier und da mit ein bisschen Text on top – auch darauf bin ich stolz. Im Buch ist meine Fotografie aus den Jahren 2011 bis 2021, also aus den vergangenen zehn Jahren enthalten.

Der Künstler hinter dem Projekt: Steffen Vollert

Welche Geschichte erzählt das Buch?
Das Buch zeigt aus meiner ganz persönlichen Perspektive, wie sich Wakeboarden entwickelt hat. (Denkt kurz nach) Es erzählt Wakeboard-Geschichte … angefangen damit, dass ich 2011 meine erste Kamera gekauft habe. Damals war Wakeboarden in einer Phase, in der Nico (von Lerchenfeld) gerade in Amerika krass wahrgenommen wurde und auch ich war als Rider plötzlich präsent. Wir waren eine Handvoll europäischer Fahrer, die als Cable-Wakeboarder in Amerika Aufmerksamkeit bekommen haben. Das lag auch daran, dass Wakeboarden sich in der Zeit krass weiterentwickelt hat. Wir wurden damals als Cable Wakeboarder plötzlich ernstgenommen denn Rail-Riding war ab diesem Zeitpunkt ein echtes Thema. Die Amis haben dadurch zum ersten Mal nach Europa geschaut und Wakeboarden ist global näher zusammengerückt.

 

Stimmt, auf einmal waren bei Slingshot und Liquid Force ein paar europäische Top-Rider am Start.
Genau. New Schnitzel war gerade vorbei und ich bin zu Slingshot gewechselt und auch andere Rider aus meiner Generation haben plötzlich coole Deals bekommen. Wir sind öfter gemeinsam nach Amerika gereist und haben diese ganze Szene dort drüben kennengelernt. Genau in dieser Zeit habe ich mit Jan (Kissmann) und Luki (Süß) Editude.tv gestartet und dadurch meine erste Spiegelreflexkamera gekauft.

Auf nur 153 Exemplare ist die erste Auflage limitiert

“Ab dann habe ich das Thema Foto und dokumentieren immer ernster genommen, mich richtig reingefuchst, weil mir die Arbeit mit der Kamera so getaugt hat.”

Das war also der Start von all dem – so um 2011 rum. Im Buch sind nicht meine ersten Bilder, sondern nur Fotos, hinter denen ich heute, mit meinem jetzigen Stand und Stil, noch immer stehe. Ich war selbst davon überrascht, wie viele Fotos ich letztlich ausgewählt habe. Dadurch realisierte ich – krass, es ist doch einiges passiert in den letzten Jahren.

 

Das Cover wird von einer Festplatte geziert. Wie viele solcher musstest du für dieses Projekt durchforsten?
Ich habe mein Festplatten-System nie auf irgendwelche Server umgestellt, sondern alles ist auf diesen kleinen 1-4 TB Festplatten gespeichert, denn die konnte ich immer easy mit auf Trips nehmen. All diese Festplatten waren in einer Kiste in meinem Keller und hier im Büro … insgesamt waren das so 50 bis 60 Platten.

Erhältlich ist das Buch für 60 € auf Steffens Website
Kein anderer bildet Details im Wakepark so ab, wie Steffen

Wow. Bitte gib mal eine Kostprobe von Orten und Ridern, die in dem Buch vorkommen.
Ja, gern. Viele der Bilder werden vielen bekannt vorkommen. Aber viele von ihnen hat man vielleicht auch schon wieder vergessen. Da wäre zum Beispiel das Jamboree-Event bei Shredtown. Da kommt mir direkt ein Foto von Raph Derome in den Kopf. Trips nach Bali und Kalifornien. Viele Winch-Sachen mit Felix und Nico – das sind wirklich ikonische Fotos. Aber auch ein paar Behind-the-Scenes Partybilder. Stichwort: Daniel Grant (schmunzelt). Vieles, was bei den Slingshot-Team-Shoots entstand, ist enthalten. Bilder vom letzten Sesitec Team-Trip aus Siargao. Event-Bilder von Yardsale in Valdosta.

“Aber auch Fahrer die gar nicht mehr Wakeboarden, haben einige Banger-Shots – Aaron Gunn zum Beispiel.”

Enthalten sind aber auch Sachen, die mich inspirieren. Letztendlich wird es für den Betrachter ein Kennenlernen von mir persönlich sein. Natürlich durfte auch ich mich in dem Prozess besser verstehen und reflektieren, aber jemand, der sich die Fotos anschaut wird danach besser verstehen, wie ich arbeite und wer ich bin. Hier und da habe ich ein bisschen Text dazugeschrieben, aber das verrät nicht so viel. Die Geschichten werden durch die Bilder erzählt.

 

Hat das Buch die goldene Zeit von Wakeboarden mit dokumentiert?
Ich würde sagen, die goldene Zeit meiner Generation. Die goldene Zeit für die nächste Generation steht erst bevor. Wakeboarden entwickelt sich gerade so krass und es wird sich jetzt erst einmal herauskristallisieren, wer „die Generation“ ist, die uns abgelöst hat. Weil irgendwie verschwimmt das gerade alles so. Das Buch dokumentiert die Zeit, in der es in Amerika auf einmal Events gab, bei denen wir dabei waren. Das gab es davor nicht und ja, das würde ich schon als die goldene Zeit meiner Generation beschreiben.

Steffen startete auf Instagram eine Umfrage, welche Seite geleaked werden soll …
… Seite 180 sollte es sein – Volltreffer!

Ist in dem Buch eine künstlerische Entwicklung oder gar ein Bruch, zum Beispiel durch neues Foto-Equipment, zu beobachten?
Man merkt, dass ich mich über die Jahre immer näher ran getraut habe. Die Angst vor Wasser ging verloren und ich habe mich teilweise supernah an die Action ran gewagt. Das Buch ist nicht chronologisch, deswegen sieht man die Entwicklung nicht, aber man sieht einen leichten Unterschied bei manchen Bildern. Man merkt in den Bildern meinen Stil und dieser ist eigentlich immer ähnlich geblieben ist. Insofern, nein, es gibt keinen plötzlichen Bruch in dem Buch.

 

Wie hast du dich in den letzten Jahren künstlerisch weiterentwickelt?
Mir fällt es inzwischen leichter, was ich machen will. Es ist nicht mehr so viel „auf gut Glück“ dabei, sondern ich weiß, was funktioniert und was ich will. Ich kenne die Perspektiven die klappen. Weiß, mit welchem Rider was besonders gut funktionieren wird. Mit Dom (Hernler) zum Beispiel muss ich mich nicht mehr im Vorfeld besprechen. Teilweise geben mir die Rider selbst die Inspiration für einen Shot. Ich hocke dann im Wasser, Dom macht ein Trick und wir müssen nur noch hin-und-her gestikulieren. Er sieht mich also im Wasser sitzen, macht den Trick noch 3-4-mal und wir wissen, dass ein cooles Foto rausgekommen ist. Es hat sich also auch über all die Jahre eine Vertrauensbasis zwischen den Fahrern und mir entwickelt.

Morning Magic
Splashes

Welche Erkenntnis hast du für dich persönlich aus diesem Fotobuch-Projekt gezogen?
Dass es wichtig ist, dass mehr Leute genau solche Sachen im Wakeboarden machen. Es ist so schade, dass manche Sachen nicht besser dokumentiert werden. Dass so manche Legacies (zu deutsch: Vermächtnisse) nicht festgehalten werden. Es gehen so viele Sachen unter.

“Viele Fahrer verschwinden einfach. Eigentlich passiert so viel cooles Zeug, aber es wird nichts für die Ewigkeit festgehalten.”

Da hat mich auch der Drop Talk mit Nico draufgebracht, dass es viel mehr solcher Sachen geben müsste. Für mich persönlich war es keine Erkenntnis bezogen auf meine Fotografie, sondern viel mehr die Erkenntnis, wie geil der Prozess ist. Es macht wirklich Spaß, sowas zu machen. Vielleicht wird es in Zukunft noch mehr davon geben. Wichtig war es, die Unsicherheit zu überwinden und sowas einfach rauszubringen. Das war für mich ein echter self-confidence-Boost. Denn klar, man hat so viele geile Sachen gemacht. Zeig’s doch einfach. Die Leute, denen es etwas bedeutet, werden es feiern.

 

Für wen ist das Fotobuch? Wer sollte es sich unbedingt holen?
Zunächst einmal all die Rider, die in dem Buch drin sind. Andererseits jeder, der die letzten 5-7 Jahre Wakeboarden miterlebt hat oder auch einfach nur von außen betrachtet hat. Jeder, der gute Fotografie wertschätzt, der sich an dem haptischen Buch erfreut. Der ab und zu durchblättern wird, um sich coole Fotos anzuschauen. Darum geht es.

“Ich glaube jedem, der sich als Wakeboard-Fan bezeichnet und die Szene mitverfolgt, wird dieses Buch gefallen.”

Danke Steffen, hast du noch abschließenden Worte?
Ich hatte keine Ahnung, wie so ein Fotobuch von der Wakeboard-Szene aufgenommen werden würde. Am Anfang dieses Projekts habe ich mich darauf verlassen, dass es genügend Menschen gibt, die so ein Projekt feiern werden und die es wertschätzen können. Ich würde mir wünschen, dass die Leser und Leserinnen erkennen, wie viel Arbeit für mich in dieses Projekt reingegangen ist und was es für mich bedeutet.

 

Nun ist der Release des Buches und dieses Interviews schon etwas mehr als eine Woche her und wir haben Steffen deshalb am Telefon kurzerhand zwei Fragen gestellt, welches Feedback ihm bisher zu Ohren getragen wurde und wie er diese Zeit wahrgenommen hat.

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